Die Ortschaftsräte
Örtliche Identität bewahren
Die Ortschaftsräte helfen bei der Bewahrung der örtlichen Identität und einer angemessenen Eigenverantwortlichkeit der Ortschaft und sorgen für mehr bürgerschaftliche Mitwirkung. Genutzt werden sollen die besonderen Ortskenntnisse, die eine sachgerechte Berücksichtigung der örtlichen Belange ermöglichen und eine bürgernahe Verwaltung gewährleisten sollen.
Ortschafträte verfügen als bürgerschaftliche Vertretung jedoch nicht über jene Zuständigkeiten wie sie dem Gemeinderat zukommen. Sie haben keinen eigenen Haushalt und können Ausgaben nur im Rahmen der Mittel beschließen, die ihnen der Gemeindehaushalt zuweist. Obwohl sie sich nicht auf die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 des Grundgesetzes berufen können, sind sie bei Verletzung der ihnen im „Innenverhältnis“ zustehenden Rechte, z.B. bei Verletzung des Anhörungsrechts, im Kommunalverfassungsstreit klageberechtigt. Die Klage ist dabei gegen die Gemeinde zu richten.
Was machen die Ortschaftsräte?
Die wichtigsten Rechte und Aufgaben der Ortschaftsräte sind:
In § 67, Abs. 1 SächsGemO werden jene Aufgaben aufgelistet, die in die ursprüngliche Zuständigkeit des Ortschaftsrates fallen und über die er im Rahmen der ihm zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel entscheiden kann. Dazu können folgende Aufgaben gehören:
- die Unterhaltung, Ausstattung und Benutzung der in der Ortschaft gelegenen öffentlichen Einrichtungen, deren Bedeutung über die Ortschaft nicht hinausgeht, mit Ausnahme von Schulen;
- die Festlegung der Reihenfolge der Arbeiten zum Um- und Ausbau sowie zur Unterhaltung und Instandsetzung von Straßen, Wegen und Plätzen, deren Bedeutung über die Ortschaft nicht hinausgeht, einschließlich der Beleuchtungseinrichtungen;
- die Pflege des Ortsbildes sowie die Unterhaltung und Ausgestaltung der öffentlichen Park- und Grünanlagen, deren Bedeutung nicht wesentlich über die Ortschaft hinausgeht;
- die Förderung von Vereinen, Verbänden und sonstigen Vereinigungen in der Ortschaft;
- die Förderung und Durchführung von Veranstaltungen der Heimatpflege und des Brauchtums in der Ortschaft;
- die Pflege vorhandener Patenschaften und Partnerschaften;
- die Information, Dokumentation und Repräsentation in Ortschaftsangelegenheiten.
Zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten ist der Gemeinderat zwar befugt, die Zuständigkeiten im Einzelnen abzugrenzen oder auch durch allgemeine Richtlinien zu regeln. Soweit die Ortschaftsräte sich jedoch in ihrem ursprünglichen Aufgabenbereich bewegen, kann ihnen der Gemeinderat in diesem Bereich keine Weisungen erteilen.
Leider sind die Zuständigkeiten der Ortschaftsräte gemäß der 3. Richtlinie für die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Ortschaftsräte und Ortsvorsteher sowie der Bereitstellung von Haushaltsmitteln in der Gemeinde Ottendorf-Okrilla entgegen den Möglichkeiten der Sächsischen Gemeindeordnung sehr eingeschränkt. So kann die jeweilige Ortschaft bei den Punkten 1 bis 3 lediglich ihr Anhörungs- und Vorschlagsrecht wahrnehmen. Die Höhe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel beschränkt sich in Folge auf einen Sockelbetrag von 300 € je Ortschaft zuzüglich 1 € pro Einwohner der Ortschaft.
Anhörungs- und Vorschlagsrecht
Bei Angelegenheiten, die für eine Ortschaft von besonderer Bedeutung sind, hat der jeweilige Ortschaftsrat nach § 67, Abs. 6 SächsGemO ein Anhörungsrecht. Eine besondere Bedeutung für die Ortschaft ist dann gegeben, wenn die Ortschaft selbst als eigenes Gebilde gegenüber der Gemeinde in ihren Aufgaben, Rechten, Befugnissen und in gewisser eigener räumlicher und kultureller Entwicklung betroffen ist. Es genügt deshalb nicht, wenn die Entscheidung einer bestimmten Angelegenheit die Ortschaft irgendwie berührt, es muss schon eine konkrete, die Belange der Ortschaft in spezieller Weise berührende Auswirkung festzustellen sein.
Das Anhörungsrecht besteht insbesondere zu folgenden Angelegenheiten:
- bei der Aufstellung der ortschaftsbezogenen Haushaltsansätze,
- der Wahrnehmung der gemeindlichen Planungshoheit, bei der Aufstellung und Änderung von Bebauungsplänen und
- der Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung der in der Ortschaft gelegenen öffentlichen Grundstücke.
Der Beschluss des Ortschaftsrates mit dem im Rahmen der Anhörung Stellung genommen wird, ist zwingend zum Beratungsgegenstand des Gemeinderates bzw. des beschließenden Ausschusses zu machen. Eine Bindung an die Stellungnahme besteht allerdings nicht. Das Unterlassen der Anhörung stellt einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar, der zur Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses führt. Außerdem ist es angebracht, den Ortschaftsrat auch über den Komplex der anhörungspflichtigen Gegenstände hinaus anzuhören. Ein Vorschlagsrecht hat der Ortschaftsrat zu allen Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, dies ist also nicht nur auf „wichtige“ Angelegenheiten“ beschränkt. Ein konkreter Ortschaftsbezug muss aber ebenso gegeben sein. Mit dem Vorschlagsrecht hat der Ortschaftsrat die Möglichkeit, selbst Initiativen zu ergreifen.
Der Ortschaftsrat kann nach § 67, Abs. 7 SächsGemO verlangen, dass ein Verhandlungsgegenstand, der in seine Zuständigkeit fällt, auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats gesetzt wird. Damit soll erreicht werden, dass der Gemeinderat sich, wenn dies vor Ort gewünscht ist, mit besonderen Problemen der Ortschaft befassen muss. Diese Regelung gilt nicht, wenn der Gemeinderat den gleichen Verhandlungsgegenstand innerhalb der letzten sechs Monate bereits verhandelt hat, es sei denn, dass sich seit der Behandlung die Sach- und Rechtslage wesentlich geändert hat.